Volkstümliche Rechtsirrtümer

  1. Verträge

  2. Haftung

  3. Garantie, Mängelhaftung, Gewährleistung

  4. Gerichte

  5. Prozess

  6. Strafen

  7. Polizei

  8. Straßenverkehr

  9. Urheberrecht

  10. Rechtsberatung

  11. Steuern

  12. Zahlungsverkehr

  13. Sonstiges


1. Vor der Polizei kann man die Aussage verweigern, das schließt auch Angaben zur Identität ein.

Polizeirecht ist Landesrecht. Aus diesem Grund können in den einschlägigen Landesgesetzen von Bundesland zu Bundesland Abweichungen auftreten (große Abweichungen ergeben sich jedoch nicht). Vor der Polizei kann jedermann die Aussage verweigern. Zu folgendem muss man jedoch Angaben machen (in NRW, vgl. § 9 Abs. 2 PolG-NW): Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Familienstand, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit (vgl. auch §111 Abs.1 OWIG). nach oben

2. Als Zeuge darf man zwar nicht die Unwahrheit sagen, man darf aber generell die Aussage verweigern.

Meist darf man das nicht:

2.1. Zivilrecht

§§ 383, 384 ZPO, Ausnahmen in § 385 ZPO

Personen, die generell die Aussage verweigern dürfen sind: Verlobte und (ex-)Ehegatten einer Partei; Personen, die in gerader Linie mit einer Partei verwandt oder verschwägert sind/waren; Geistliche; Angehörige der Presse hinsichtlich ihrer Tätigkeit; Geheimhaltungsverpflichtete, denen dieses Wissen anvertraut wurde (Ärzte, Richter, Beamte, RAe, Notare [mit Ausnahmen] etc.).

Hinsichtlich einzelner Fragen darf die Antwort verweigert werden, wenn ein vermögensrechtlicher Schaden entstehen würde; wenn die Antwort dem Zeugen oder einem Angehörigen zur Unehre gereicht oder eine Strafverfolgung stattfinden könnte oder ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis offenbart würde.

2.2. Strafrecht

§§ 52 ff. StPO

Zusätzlich: Mitarbeiter von Schwangerenberatungsstellen, Mitarbeiter von Beratungsstellen für Betäubungsmittelabhängige.

2.3. Verwaltungsrecht

Nach § 98 VwGO gelten die Regeln der ZPO. nach oben

3. Der Staatsanwalt muss alles tun, damit der Angeklagte eine möglichst hohe Strafe bekommt, auch wenn er weiß, dass er unschuldig ist.

Das ist falsch: Wie der Name schon sagt, vertritt der Staatsanwalt den Staat und hat dafür zu sorgen, dass der Angeklagte den Strafgesetzen entsprechend behandelt wird. Ist der Angeklagte unschuldig, dann darf er nach den Gesetzen auch nicht verurteilt werden. Und der Staatsanwalt muss eben auch dafür sorgen. Mehr noch - schon im Ermittlungsverfahren muss er auch entlastende Umstände ermitteln und Beweismittel sichern, die den Beschuldigten ("Angeklagter" ist er erst, wenn das gerichtliche Verfahren eröffnet ist) entlasten (§ 160 StPO). nach oben

4. Aufgabe des Strafverteidigers ist es mit allen Mitteln einen Freispruch des Mandanten zu erreichen, auch wenn er weiß, dass er schuldig ist.

Aufgabe eines Strafverteidigers ist die bestmögliche Verteidigung seines Mandanten. Zwar ist der Anwalt Organ der Rechtspflege, er ist aber vertraglich an seinen Mandanten gebunden. Würde der Anwalt es unterlassen, den Mandaten bestmöglich zu verteidigen, würde er sich seinerseits strafbar machen (Parteiverrat). nach oben

5. Wer vergisst einen Kostenantrag zu stellen, dem werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Kostenanträge sind in anwaltlichen Schriftsätzen zwar üblich, eigentlich aber unnötig. Die Kostenentscheidung trifft das Gericht von Amts wegen. Diese beruht z.B. im Zivilprozess auf den §§ 91 ff. ZPO. nach oben

6. Wenn ich strafrechtlich nicht belangt wurde, habe ich auch zivilrechtlich (z.B. Schadensersatz oder Schmerzensgeld) nichts zu befürchten.

Ein Straf- und Zivilprozess haben selbst dann nichts miteinander zu tun, wenn es um das gleiche Geschehen gilt. Es ist durchaus denkbar, dass die zwei Gerichte der zwei Verfahren zu unterschiedlichen Ansichten und damit zu unterschiedlichen Urteilen kommen, da das Zivilgericht nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden ist und für dieses Verfahren auch andere Beweisregeln gelten.

Natürlich muss man in der Regel für den Schaden aufkommen, wenn man jemanden in strafbarer Weise geschädigt hat (§ 823 Abs. 1 BGB n.F. bzw. § 823 Abs. 2 BGB n.F. i.V.m. dem einschlägigen Paragraphen aus dem StGB). Allerdings ist für einen zivilrechtlichen Schadensersatz grundsätzlich Fahrlässigkeit ausreichend, während nicht alle fahrlässig herbeigeführten Schäden strafbar sind (wichtigstes Beispiel: fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht strafbar). nach oben

VRI/Prozess (zuletzt geändert am 2010-08-10 13:16:58 durch anonym)