VorlesungSb/ZPO2011/FragenVorlesung20111206 hier beschreiben...
Fragen zur Vorlesung vom 2011 12 06
- Es kann viele gute Gründe geben, eine Widerklage zu erheben?
- Für die Erhebung einer Widerklage können Gründe der Prozessökonomie sprechen (Klärung gegenseitiger Ansprüche in nur einem Prozess), aber auch Kostenvorteile, da über die Kosten von Klage und Widerklage nur gemeinsam entschieden werden darf.
- Wodurch unterscheidet sich die Widerklage insbesondere von der Aufrechnung?
- Anders als die Aufrechnung im Prozess, die der Verteidigung gegen eine Klage dient und den Klageanspruch zu Fall bringen kann, stellt die Widerklage einen Gegenangriff dar, der zu einer Verurteilung des Klägers (und Widerbeklagten) führen kann.
- Erläutern Sie § 506 Abs. 1 ZPO.
- Ist für die Klage das Amts- und die Widerklage das Landgericht sachlich zuständig, muss das Amtsgericht auf Parteiantrag sich gemäß § 506 ZPO für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht verweisen.
- Erläutern Sie § 33 ZPO.
- Die Vorschrift fordert einen Zusammenhang zwischen Klage- und Widerklageanspruch (sog. Konnexität). Hierfür soll ausreichend sein, dass für Klage und Widerklage zumindest eine anspruchsbegründende Tatsache demselben Tatsachenkomplex entnommen ist.
- Erschöpft sich die Bedeutung des § 33 ZPO in der Begründung eines zusätzlichen besonderen Gerichtsstandes oder beinhaltet § 33 ZPO zugleich eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Widerklage?
- Die Bedeutung des § 33 ZPO ist umstritten. Die Rechtsprechung sieht in § 33 nicht lediglich eine besondere Gerichtsstandsnorm, sondern vielmehr eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung der Widerklage. Nichtkonnexe Widerklagen sind daher, selbst wenn die örtliche Zuständigkeit anderweitig begründet ist, als unzulässig abzuweisen oder auf Antrag des Beklagten abzutrennen und an das zuständige Gericht zu verweisen. Dem hält die h.L. entgegen, dass sich aus der systematischen Stellung des § 33 ergibt, dass diese Vorschrift lediglich einen besonderen Gerichtsstand begründet. Ferner steht die Rechtsprechung im eindeutigen Widerspruch zum Gesetz (vgl. § 145 Abs.2). Auf die Konnexität kommt es demnach erst dann an, wenn das Gericht nicht bereits aus anderen Gründen auch für die Widerklage örtlich zuständig ist.
- Kann die Widerklage auch gegen einen Kläger und einen bislang am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten erhoben werden?
- Diese sog. "Dritt-Widerklage" wird insbesondere von der Rechtsprechung aus prozessökonomischen Gesichtspunkten zugelassen. Die Voraussetzungen sind (nach der Rspr.):
- 1."Dritt-Widerklage", also Klage gegen Kläger und Dritten. Eine isolierte Widerklage gegen den Dritten ist i.d.R. unzulässig; es sei denn die Dinge sind tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft und es werden keine schützenswerten Interessen des Widerbeklagten Dritten verletzt.
- 2.Konnexität i.S.v. § 33 zwischen Klage- und Widerklageforderung.
- 3.Streitgenossenschaft des Klägers und des Dritten i.S.d. §§ 59, 60. 4.Zustimmung oder Sachdienlichkeit analog §§ 263, 267.
- Kann die Widerklage auch hilfsweise erhoben werden?
- Die Widerklage kann auch hilfsweise erhoben werden (Eventual- oder Hilfswiderklage), und zwar je nach Antrag des Widerklägers für den Fall, dass die Klage erfolgreich oder erfolglos ist. Dann wird über sie nur entschieden, falls die gesetzte Bedingung eintritt.
- Zur petitorischen Widerklage: Der Kläger ist Pächter des Lokals Refrendy Pub. Er zahlt mehrere Monate keinen Pachtzins. Der Beklagte kündigt, was den Kläger aber nicht zum Auszug veranlassen kann. Das wiederum veranlasst den Beklagten, das Lokal mit 10 durchtrainierten Freunden zu besuchen. Der Kläger verlässt fluchtartig das Lokal. Der Beklagte tauscht die Schlösser aus. Der Kläger erhebt (warum nur? er hat doch, § 861 BGB, die Möglichkeit der Leistungsverfügung!) Klage auf Herausgabe des Lokals. Widerklagend beantragt der Beklagte festzustellen, dass er berechtigt sei, von dem Kläger die Räumung des Lokals zu verlangen.
- Möglicherweise fehlt es an einem Selbständigen Streitgegenstand der Widerklage. Sie darf nicht in der bloßen Negation des Klageantrages erschöpfen, sondern muss ihrem Inhalt nach als selbständige Klage möglich sein.
- Kann eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch auf Schadloshaltung gegen einen Dritten hat, dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden?
- Streitverkündung (§§ 72-74) ist die formlose Mitteilung der Partei an einen Dritten über das Schweben eines Verfahrens, mit dem Inhalt, dass sie für den Fall des Unterliegens den Dritten haftbar machen werde oder seinen Regress befürchte. Zweck der Streitverkündung ist es die Verjährung zu hemmen (§ 204 Abs.1 Nr.6 BGB), dem Streitverkündungsempfänger die Möglichkeit zu geben, dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beizutreten (§ 74 Abs.1) und die Interventionswirkung des § 68 herbeizuführen. Die Zulässigkeit der Streitverkündung erlangt grds. erst im Folgeprozess Relevanz (§§ 74 Abs.3, 68) und wird daher i.d.R. erst dort geprüft.
- Zulässigkeitsvoraussetzungen:
- 1.Zunächst muss ein Streitverkündungsgrund i.S.d. § 72 vorliegen. Der Streitverkünder muss also glauben, dass er für den Fall des Unterliegens Regressansprüche gegen einen Dritten hat oder Regressansprüchen eines Dritten ausgesetzt ist.
- 2.Der Streitverkündungsempfänger muss Dritter i.S.v. § 72 Abs.1 sein, d.h. er darf nicht als Partei, gesetzlicher Vertreter einer Partei oder in einer mit der Streithilfe unvereinbarten Funktion am Rechtsstreit beteiligt sein.
- 3.Der Streit muss in einem die Form des § 73 wahrenden Schriftsatz verkündet werden. Erst mit Zustellung an den Dritten ist die Streitverkündung wirksam (§ 73 S.3).
- Welche Wirkung hat die Streitverkündung, wenn der Dritte dem Rechtsstreit beitritt?
- Der Dritte hat die Wahl, ob er dem Rechtsstreit beitritt oder nicht: Tut er dies, wird er Streithelfer mit der Folge, dass die Interventionswirkung ("problemlos") eingreift (§§ 74 Abs. 1, 68). Tritt der Dritte dem Prozess bei, muss die Zulässigkeit der Streitverkündung überhaupt nicht geprüft werden, weil dann nur noch die Vorschriften über die Streithilfe anzuwenden sind.Ausnahme: In dem Folgeprozess wird die Einrede der Verjährung erhoben. Denn nur eine zulässige Streitverkündung hemmt die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB
- Welche Wirkung hat sie, wenn der Dritte dem Rechtsstreit nicht beitritt?
- Unterlässt er den Beitritt, wird der Prozess ohne ihn entschieden (§ 74 Abs. 2). Er kann aber dennoch nicht der Interventionswirkung entrinnen (§§ 74 Abs. 3, 68). § 68 wirkt nur zugunsten des Streitverkünders.
- Wodurch unterscheidet sich die Nebeninterventionswirkung des § 68 ZPO von der Rechtskraft?
- Die Interventionswirkung ist die wichtigste Rechtsfolge der Streithilfe: Nach § 68 besteht im Verhältnis zur unterstützten Partei nicht mehr die Möglichkeit, in einem späteren (Regress-)Prozess geltend zu machen, der vorangegangene Prozess sei falsch entschieden worden. Der Einwand, die unterstützte Partei habe den Prozess mangelhaft geführt, ist nur beschränkt möglich (§ 68 2.HS). Die Interventionswirkung ist mit der Rechtskraftwirkung (§ 322) vergleichbar; auch diese kommt erst in einem späteren Verfahren zum Tragen. Anders als diese umfasst sie aber nicht nur den Urteilstenor, sondern darüberhinaus die Entscheidungselemente, also die Feststellung aller Einzeltatsachen und deren rechtliche Würdigung.
- Was ist unter der sog. Relationstechnik zu verstehen?
- Die Relationstechnik (oder auch nur Relation) ist eine juristische Arbeitsmethode zur Erfassung, Ordnung und Beurteilung eines komplexeren zivilrechtlichen Streitstoffs.