VorlesungSb/ZPO2011/FragenVorlesung20111129 hier beschreiben...
Fragen zur Vorlesung vom 2011 11 29
- Was, wenn Sie als Rechtsanwalt erkennen, dass die Rechtsverteidigung Ihres Mandanten in jeder Hinsicht aussichtslos ist?
- Dann gibt es die Pflicht des Rechtsanwalts dem Mandanten von der Rechtsverteidigung abzuraten, sonst macht sich der Rechtsanwalt bei offensichtlich aussichtsloser Rechtslage schadensersatzpflichtig, da der Mandant bei Unterliegen die Prozesskosten zu tragen hat.
- Kann es sinnvoll sein, eine Schuld zu begleichen? Welche regelmäßige prozessuale Folge zieht die Erfüllung durch den Beklagten nach sich?
- Es kann sinnvoll sein eine Schuld zu begleichen, da hierdurch die Forderung des Klägers nach § 362 I BGB erlischt. Dies hat die prozessuale Folge, dass der Kläger mit seiner Klage abgewiesen wird und dann auch die Prozesskosten als Unterlegener nach § 91 I ZPO zu tragen hat. Hier kann es sinnvoll sein, die Schuld bereits vorprozessual zu begleichen, da auch dann kein Prozess zustande kommt und keine Kosten entstehen.
- Kann es sinnvoll sein, eine Schuld anzuerkennen - mit welcher Folge?
- Es kann sinnvoll sein eine Schuld nach § 307 ZPO im Prozess anzuerkennen, obwohl dann der Kläger mit seiner Klage Erfolg hat und der Beklagte veruteilt wird. Das ist deshalb der Fall, weil bei einem sofortigen Anerkenntnis nach § 93 ZPO der Kläger trotz Obsiegen die Kosten zu tragen hat, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage veranlasst hat. Der Gläubiger muss also in der Regel vor dem Prozess den Schuldner mahnen, da dann ein sofortiges Anerkenntnis dem Schuldner nicht mehr hilft, weil er die Veranlassung zum Prozess gegeben hat. Es kann auch sinnvoll sein, eine Schuld vor dem Prozess bereits anzuerkennen, weil dann erst gar kein Prozess geführt wird und somit auch keine Kosten entstehen.
- Kann es sinnvoll sein, schlicht gar nichts zu tun - mit welcher Folge?
- Es kann sinnvoll sein, schlicht gar nichts zu tun und zwar dann, wenn die Gefahr besteht im Prozess mit seinen Angriffs- oder Beweismitteln präkludiert zu werden. Man lässt dann ein Versäumnisurteil über sich ergehen, in dem der Rechtsanwalt nicht erscheint oder nicht verhandelt. Dann kann die Partei gegen das Versäumnisurteil nach § 338 ZPO Einspruch einlegen und kann nach § 340 III 1 ZPO ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel nun vorbringen, ohne dass diese nach §§ 296, 296a ZPO präkludiert sind. (sogenannte Flucht in die Säumnis)
- Raten Sie Ihrem Mandanten zu der Erklärung, die von dem Kläger vorgetragenen Tatsachen seien allesamt zutreffend?
- Wenn der Mandant erklärt, dass die von dem Kläger vorgetragenen Tatsachen allesamt zutreffend sind, dann braucht der Kläger nach § 288 I ZPO für diese Tatsachen keinen Beweis mehr anzutreten. Wenn die Beweise des Klägers aber nicht ausgereicht hätten, um das Gericht von der Wahrheit der Tatsachen zu überzeugen, wird der Kläger keinen Erfolg haben. Es ist also immer besser zunächst abzuwarten, ob die Beweise des Klägers ausreichen, um das Gericht von der Wahrheit der Tatsachen zu überzeugen. Eine Reaktion des Beklagten ist dann immer noch durch den Gegenbeweis möglich.
- Was ist unter einem Klageverzicht zu verstehen?
- Ein Klageverzicht gem. § 306 ZPO führt zur Klageabweisung mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Ein Verzicht hindert an erneuter Klage bzgl. desselben Streitgegenstandes.
- Welche Folgen hat die Klagerücknahme für den Kläger?
- Die Klagerücknahme gem. § 269 ZPO hindert nicht an erneuter Klage bzgl. desselben Streitgegenstandes.
- Was ist unter einer übereinstimmenden Erledigungserklärung zu verstehen?
- Unter einer übereinstimmenden Erledigungserklärung versteht man die übereinstimmende Erklärung beider Parteien, dass sie über den Streitgegenstand keine gerichtliche Entscheidung mehr begehren. (Pohlmann § 10 Rn. 552)
- Welche Folgen hat diese für die Parteien?
- Das Gericht ist nach der Dispositionsmaxime an die Erklärung der beiden Parteien gebunden. Es entscheidet nicht mehr zur Sache, sondern nur noch zu den Kosten gemäß § 91a ZPO. (Pohlmann § 10 Rn. 552)
- Nach welchem Maßstab werden die Kosten des Rechtsstreits verteilt?
- Grundsätzlich entscheidet das Gericht nach § 91a I 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits. Das Gericht berücksichtigt dabei den Stand des Prozesses und wer auf der Grundlage der bisher erhobenen Beweise voraussichtlich verloren hätte. (Pohlmann § 10 Rn. 558)
- Können weitere Zeugen vernommen werden zur Feststellung, wie der Rechtsstreit ohne das erledigende Ereignis ausgegangen wäre?
- Es gibt zwei Theorien zu dieser Frage. Es gibt die sogenannte Beweiserhebungstheorie, nach der das Gericht auch nach Erledigungserklärung noch weitere Beweise erheben darf, um eine gerechte Kostenentscheidung herbeiführen zu können. Nach der restriktiven Theorie sollen nach Erledigungserklärung keine Beweise mehr erhoben werden, soweit nicht ohne großen Mehraufwand eine unbillige Kostenentscheidung vermieden werden kann. Der restriktiven Theorie ist zu folgen, da sie sich an den Wortlaut des § 91a ZPO hält, der vom "bisherigen" Sach- und Streitstand spricht und zudem eine weitere langwierige Beweiserhebung mit dem Zweck der Erledigung, nämlich der schnellen und kostengünstigen Erledigung des Rechtsstreits, nicht vereinbar wäre. Das Gericht darf daher grundsätzlich keine weiteren Beweise mehr erheben. (Pohlmann § 10 Rn. 560)
- Was, wenn völlig ungewiss ist, wie der Rechtsstreit ohne das erledigende Ereignis ausgegangen wäre?
- Wenn völlig ungewiss ist, wie der Rechtsstreit ohne das erledigende Ereignis ausgegangen wäre, dann sind die Kosten nach billigem Ermessen zu verteilen. Das bedeutet, dass sie, wie in § 92 I ZPO gegeneinander aufgehoben werden.
- Kommt es für die Wirksamkeit der übereinstimmenden Erledigungserklärung darauf an, ob sich der Rechtsstreit tatsächlich erledigt hat, also eine ursprünglich zulässige und begründete Klage aus irgendeinem Grunde unzulässig oder unbegründet wurde?
- Nein, das Gericht prüft nicht mehr, ob sich der Rechtsstreit tatsächlich erledigt hat. Die Dispositionsmaxime greift in diesem Fall durch, so dass die Parteien die Herren über das Verfahren sind, dieses auch jederzeit ohne näheren Grund beenden können.
- Was ist unter einer einseitigen Erledigungserklärung zu verstehen?
- Unter einer einseitigen Erledigungserklärung versteht man die Erklärung des Klägers, dass die Hauptsache für ihn erledigt ist, wobei der Beklagte dem nicht zustimmt. Eine einseitige Erledigungserklärung ist als Antrag an das Gericht, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, anzusehen. Im Urteilsverfahren handelt es sich somit um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO als zulässig anzusehende Klagänderung in eine Feststellungsklage (BGH NJW 2002, 442, Pohlmann § 10 Rn. 483).
- Warum kann diese sinnvoll sein?
- Wenn der Beklagte während des Prozesses die Kaufpreisforderung begleicht, ist es für den Kläger sinnvoll, die Klage für erledigt zu erklären, weil er bei Beibehaltung des Klageantrags unterliegen würde und die Kosten zu tragen hätte.
- Was, wenn das erledigende Ereignis, etwa die Begleichung der Schuld, in den Zeitraum zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit fällt?
- Nach § 269 I ZPO kann der Kläger die Klage bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung auch ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen. Vor Rechtshängigkeit entscheidet das Gericht nach Maßgabe des § 269 III 3 ZPO über die Kosten nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Durch die Zahlung wird aber angenommen, dass der Beklagte anerkennt, dass eine Schuld bestand und er somit den Prozess verloren hätte. Der Beklagte müsste dann also die Kosten nach §§ 269 III 3, 91 I ZPO tragen.
- Wann ergeht ein Anerkenntnisurteil?
- Das Anerkenntnisurteil ergeht, wenn der Beklagte dem Gericht erklärt, dass die Forderung bzw. den Anspruch gegen ihn bestehe, §§ 307, 92 ZPO.
- Wann und unter welchen Voraussetzungen ergeht ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten nach § 331 Abs. 1 und 2?
- Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergeht nach § 331 I, II, wenn der Beklagte nicht zum Termin erscheint oder nicht verhandelt und wenn das zugestandene Klägervorbringen den Antrag rechtfertigt. Die Klage ist abzuweisen, wenn das Vorbringen des Klägers den Klageantrag nicht rechtfertigt.
- In welcher Vorschrift steht also die Legaldefinition der Schlüssigkeit?
- Die Legaldefinition der Schlüssigkeit steht somit in den § 331 I und II.
- Nochmal: Was ist unter Schlüssigkeit zu verstehen?
- Schlüssig ist die Klage, wenn das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers (seine Wahrheit unterstellt) den Klageantrag rechtfertigt (Wortlaut 331 Abs. und 2). Die vorgetragenen Tatsachen müssen also den Tatbestand einer Norm als verwirklicht erscheinen lassen, aus der sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge ergibt. Nicht erforderlich ist es dagegen, dass der Kläger die relevanten rechtlichen Gesichtspunkte angibt.
- Was steht der Säumnis im Termin im Falle des § 331 Abs. 3 gleich?
- Im Fall des § 331 III steht der Säumnis im Termin auch die Säumnis im schriftlichen Vorverfahren nach § 276 ZPO gleich, wenn der Säumige über die Folgen der Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft belehrt worden ist.
- Welche Gefahren beinhaltet das Versäumnisurteil für den Beklagten?
- Das Versäumnisurteil beinhaltet für den Beklagten die Gefahr, dass der Kläger aus diesem nach § 708 Nr. 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstrecken kann. Zudem besteht die Gefahr, dass der Einspruch gegen das Versäumnisurteil nicht zulässig ist und der Beklagte somit vor Gericht nicht zur Sache gehört wird.
- Wann ergeht unter welchen Voraussetzungen ergeht ein Versäumnisurteil gegen den Kläger?
- Ein Versäumnisurteil gegen den Kläger, welches in der Abweisung der Klage besteht, ergeht immer dann, wenn der Kläger säumig ist. Unter der Voraussetzung, dass die Klage zulässig ist, ergeht ein abweisendes Sachurteil, welches auch als echtes VU bezeichnet. Ist die Klage nicht zulässig, ergeht ein abweisendes Prozessurteil, welches auch als unechtes VU bezeichnet wird. (Pohlmann § 11 Rn. 583)
- Unter welchen Voraussetzungen ist der Einspruch zulässig?
- Der Einspruch des Säumigen ist unter den Voraussetzungen der §§ 339, 340 ZPO zulässig. Danach muss die Einspruchsfrist von zwei Wochen nach Zustellung des VU nach § 339 I eingehalten werden. Zudem muss die Einspruchsschrift, die beim Prozessgericht nach § 340 I eingereicht werden muss, den Inhalt des § 340 II haben. Zudem hat die Partei nach § 340 III ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel zu benennen.
- Was ist die Folge eine zulässigen Einspruchs?
- Gemäß § 342 ZPO ist Folge eines zulässigen Einspruchs, dass der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich vor dem Eintritt der Säumnis befand.
- Was ist unter einem sog. „Zweiten Versäumnisurteil“ zu verstehen?
- Ein sogennantes zweites Versäumnisurteil liegt dann vor, wenn die säumige Partei nach einem ersten Versäumnisurteil einen Einspruch einlegt und im dann anberaumten Termin erneut säumig ist. Der Einspruch wird dann nach § 345 ZPO verworfen. Gegen das zweite Versäumnisurteil ist dann die Berufung nach § 514 II 1 ZPO möglich, da ein erneuter Einspruch nicht zulässig ist.
- Was, wenn weder der Kläger noch der Beklagte im Termin erscheinen?
- Wenn weder der Kläger noch der Beklagte im Termin erscheinen, hat das Gericht die Möglichkeit den Termin nach §§ 251a II 4, 227 I 2 Nr. 1 zu vertagen, gemäß § 251a I, II eine Entscheidung nach Lage der Akten zu treffen, sofern bereits in einem früheren Termin mündlich verhandelt wurde oder gemäß § 251a III das Ruhen des Verfahrens anordnen. (Pohlmann § 11 Rn. 585)