VorlesungSb/ZPO2011/FragenVorlesung20111115 hier beschreiben...
Fragen zur Vorlesung vom 2011 11 15
- Welche den Streitgegenstand betreffenden Sachentscheidungsvoraussetzungen kennen Sie?
- Die den Streitgegenstand betreffenden Sachentscheidungsvoraussetzungen sind die wirksame und ordnungsgemäße Klageerhebung, die Klagbarkeit des Anspruchs, die fehlende anderweitige Rechtshängigkeit, keine entgegenstehende Rechtskraft sowie das Rechtsschutzbedürfnis.
- Was ist unter dem Streitgegenstand zu verstehen?
- Der Begriff des Streitgegenstands ist umstritten. Historisch war unter dem Gegenstand des Prozesses der materiell-rechtliche Anspruch i.S.d. § 194 I BGB verstanden worden. Dies Theorie bereitet bei Gestaltungs- und Verpflichtungsklagen Schwierigkeiten und wird heute nicht mehr vertreten. Die materiell-rechtlichen Theorien, die sich ebenfalls nicht durchsetzen konnten, betrachteten mehrere Ansprüche i.S.d. § 194 I BGB bei gleicher Rechtsfolge als ein Streitgegenstand, bei unterschiedlichen Rechtsfolgen als mehrere. Schließlich stehen noch die heute vorherrschenden prozessrechtlichen Theorien aus. Sie alle haben gemeinsam, das sie vom materiellen Anspruchsbegriff des § 194 I BGB losgelöst sind. Beim eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand des Prozesses nur durch den vom Kläger gestellten Antrag bestimmt. Beim zweigliedrigen Begriff wird sowohl der Antrag des Klägers als auch der Klagegrund des Antrags, der Lebenssachverhalt, als Streitgegenstand aufgefasst. Eine dritte Ansicht vom relativen Streitgegenstandsbegriff will je nach Fallkonstellation den eingliedrigen oder den zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff anwenden. Die herrschende Meinung sagt aber, dass der Streitgegenstand sich aus dem Antrag des Klägers und dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt. (Pohlmann § 7 Rn. 316 - 325)
- Für welche (zivilprozessualen) Fragen ist von Bedeutung, wie der Streitgegenstand bestimmt wird?
- Der Streitgegenstand ist für die Rechtskraft entscheidend, da über den Streitgegenstand eines rechtskräftigen Urteils nicht erneut ein Prozess geführt werden darf. Zudem spielt die Frage bei der Zulässigkeit der Klage eine Rolle, da ein bereits rechtshängig gemachter Streitgegenstand nicht bei einem anderen Gericht erneut anhängig gemacht werden darf (§ 261 III Nr. 1 ZPO). Schließlich spielt der Streitgegenstand auch nach § 145 I ZPO eine Rolle, da nur mehrere Streitgegenstände getrennt verhandelt und entschieden werden können. (Pohlmann § 7 Rn. 313)
- Erläutern Sie die Begriffe Anhängigkeit und Rechtshängigkeit.
- Anhängigkeit liegt dann vor, wenn die Klage bei Gericht eingereicht ist. Rechtshängigkeit liegt nach § 261 I ZPO dann vor, wenn die Klage erhoben worden ist. Das ist dann der Fall, wenn das Gericht die Klageschrift von Amts wegen dem Beklagten zugestellt hat.
- Was ist unter Rechtskraft zu verstehen?
- Unter Rechtskraft ist sowohl die formelle, wie auch die materielle Rechtskraft zu verstehen. Die formelle Rechtskraft (§ 705 ZPO) bedeutet, dass das Urteil nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden kann. Die materielle Rechtskraft besagt, dass der Streitgegenstand des formell rechtskräftigen Urteils zwischen den selben Parteien in einem neuen Prozess mit identischem Streitgegenstand maßgeblich ist. Das bedeutet, dass kein Gericht über einen materiell rechtskräftig gewordenen Streitgegenstand erneut entscheiden darf.
- Wann liegt, ausgehend von dem sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, eine Klageänderung vor?
- Eine Klageänderung liegt nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff dann vor, wenn der Kläger zwar seinen Klageantrag beibehält, aber den Klagegrund ändert. Weiterhin liegt eine Klageänderung vor, wenn der Kläger seinen Antrag ändert, aber den Klagegrund beibehält und schließlich wenn er sowohl den Klagegrund als auch den Klageantrag ändert.
- Ist der Streitgegenstandsbegriff auch für die objektive Klagenhäufung von Bedeutung?
- Der Streitgegenstand ist auch bei der Klagenhäufung nach § 260 ZPO von Bedeutung, da nur mehrere Streitgegenstände miteinander unter den weiteren Voraussetzungen des § 260 ZPO verbunden werden können. Wenn nur ein Streitgegenstand vorliegt, kann keine objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO vorliegen.
- Was ist unter dem (allgemeinen) Rechtsschutzbedürfnis zu verstehen?
- Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist dann gegeben, wenn der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Klage hat. Dieses schutzwürdige Interesse kann sowohl rechtliche, wirtschaftliche und auch ideelle Interessen umfassen. Der Kläger darf nicht auf einem einfacheren Weg zu seinem Ziel kommen.
- Aus welchem Grunde wird das Rechtsschutzbedürfnis in der Praxis regelmäßig nur bei Feststellungsklagen (dann als sog. besonderes Feststellungsinteresse), nicht aber bei Leistungs- und Gestaltungsklagen untersucht?
- Grundsätzlich liegt bei Erhebung einer Leistungs- oder Gestaltungsklage das Rechtsschutzbedürfnis vor, da der Kläger bei der Leistungsklage nur durch das Gericht einen vollstreckbaren Titel bekommt, bei Erfolg der Gestaltungsklage nur unmittelbar durch das Gericht die materielle Rechtslage verändert werden kann. Bei der erfolgreichen Feststellungsklage kann weder durch die Entscheidung die Rechtslage verändert werden noch kann der Kläger einen vollstreckbaren Titel erhalten. Er muss also deshalb gesondert darlegen, welches schutzwürdige Interesse er an der Feststellung hat, während bei den anderen Klagearten dieses wegen des Justizmonopols des Staates regelmäßig gegeben ist.
- Was ist unter einer Prozesshandlung (der Partei) zu verstehen?
- Unter der Prozesshandlung einer Partei versteht man eine Handlung, die auf dem prozessualen Gebiet wirkt. Durch die Handlungen sollen die Parteien den Prozess in Gang setzen, forttreiben oder beenden. Sie sind Ausfluss des Dispositions- sowie des Verhandlungsgrundsatzes.
- Sind die Sachentscheidungsvoraussetzungen Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Postulationsfähigkeit und gesetzliche Vertretung/Vollmacht bei gewillkürter Vertretung auch Prozesshandlungsvoraussetzungen?
- Ja, um eine wirksame Prozesshandlung vornehmen zu können, müssen diese Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Sie werden als allgemeine Prozesshandlungsvoraussetzungen bezeichnet. Gerade in § 78 ZPO wird deutlich, dass im Anwaltsprozess nur der Anwalt wirksame Prozesshandlungen für die Partei vornehmen kann.
- Welche Arten von Prozesshandlungen kennen Sie?
- Es gibt sogenannte Erwirkungs- und Bewirkungshandlungen, die sich beispielweise bei den prozessualen Folgen unterscheiden.
- Sachentscheidungsvoraussetzungen sind von Amts wegen zu prüfen. Was bedeutet das?
- Das bedeutet, dass die Parteien nichts zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen vortragen müssen. Der Beibringungsgrundsatz gilt für diesen Fall nicht. Das Gericht prüft selbständig, ob die Zulässigkeit der Klage gegeben ist. Die Parteien können sich aber zur Zulässigkeit der Klage äußern.
- Was ist unter einem Prozesshindernis zu verstehen?
- Unter einem Prozesshindernis versteht man solche Zulässigkeitsvorausstezungen, die nur im Interesse einer Partei stehen und die deshalb auch nur auf Rüge einer Partei, und nicht wie sonst bei den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen von Amts wegen, vom Gericht geprüft werden.
- Welche Prozesshindernisse kennen Sie?
- Beispiele sind die anderweitige Rechtshängigkeit oder die anderweitige materielle Rechtskraft eines Urteils, zudem auch die Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit nach § 110 I ZPO.
- Welche Anforderungen stellt § 253 ZPO an die Klageschrift?
- § 253 ZPO stellt zwei unterschiedliche Anforderungstypen an die Klageschrift. Zum einen gibt es die Anforderung, die jede Klageschrift haben muss, zum anderen diejenigen, die jede Klageschrift haben soll. Zu den Muss-Anforderungen zählen nach § 253 II ZPO die Angabe der Parteien und des Gerichts (Nr. 1), die bestimmte Angabe des Gegenstandes, des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie ein bestimmter Antrag (Nr. 2). Die Klageschrift soll nach § 253 III ZPO die Angabe des Streitwertes sowie eine Äußerung dazu enthalten, ob der Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter beim Landgericht Tatsachen entgegenstehen.