Ich nehme einen sehr gelungenen Artikel in der c't vom 8.9.03 von Kai Mielke (S. 82 ff.) zum Anlass, hier im Wiki mal einen Anfang zu diesem Thema zu machen. Weitere Hinweise auf Rechtsprechung, Aufsätze etc. (Fußnoten aus dem Artikel und evtl. weitere Quellen) werden nachgereicht. -- JochenNotholt 2003-09-07 08:27:24


1. Rechtlicher Status, Vertragsschluss

Online-Auktionen (Marktführer: eBay) sind keine Versteigerungen im juristischen Sinne, denn hierzu müssten sie "örtlich begrenzt" sein, was sie offensichtlich nicht sind. Also ist z.B. keine gewerberechtliche Erlaubnis nötig (§ 34b GewO). Bei der Online-Auktion kommt damit ein "normaler" Kaufvertrag zustande.

Im Gegensatz zur Versteigerung i.S.d. GewO geben nach hM bei der Online-Auktion nicht die Bieter ein Kaufangebot ab, sondern bereits der Verkäufer mit Einstellen der Auktion auf der Plattform. Die Bieter können dieses Angebot annehmen, wobei die Annahme unter der Bedingung (§ 158 BGB) steht, dass es innerhalb der Auktionszeit kein höheres Gebot gibt. Mit Ablauf der Auktionszeit kommt also grundsätzlich ein wirksamer KaufVertrag zu Stande! Der Anbieter (= Verkäufer) kann sich jedoch (z.B. im Rahmen der Auktionsbeschreibung) einen Vertragsschluss vorbehalten oder diesen sogar ausschließen. Damit verstößt er zwar regelmäßig gegen die AGBen der Auktionsplattform, das ist aber für die Frage, ob es zwischen den Vertragsparteien zum Vertragsschluss gekommen ist, nicht von Bedeutung!

2. Irrtümer beim Anbieten oder Bieten

Da es sich beim Einstellen von Auktionen und bei Geboten um "normale" WillensErklärungen handelt, sind diese nach den allgemeinen Regeln der §§ 142, 119 ff. BGB anfechtbar. Wenn z.B. jemand durch einen Vertipper ein viel zu hohes Gebot abgibt, dann ist dies ein Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Fall. Wer für seine Auktion versehentlich einen "Sofort Kaufen"-Preis angibt, der dem Mindestgebot entspricht (z.B. 1 EUR Startgebot, "Sofortkauf" auch für 1 EUR), muss diesen Irrtum nach geltender Rspr. nicht weiter beweisen, da er als offensichtlich anzusehen ist.

OffeneFrage: In letzter Zeit gibt es bei eBay immer wieder Fälle, in denen z.B. von Computer-Hardware nur die Pappkartons angeboten werden. Es wird auch meistens im Titel und im Auktionstext darauf hingewiesen. Hat der Käufer hier ggf. ein Anfechtungsrecht, wenn er damit rechnet, das eigentliche Produkt ersteigert zu haben?

3. Unternehmer / Verbraucher

Wenn es sich beim Verkäufer um einen Unternehmer (§ 14 BGB) und beim Käufer um einen Verbraucher (§ 13 BGB) handelt, gelten besondere Regeln des Verbraucherschutzes. Vor allem handelt es sich dann i.d.R. um ein Fernabsatzgeschäft (s.u.) und auch um einen Verbrauchsgüterkauf (s.u.). Ob eine Partei Unternehmer oder Verbraucher ist, haftet der Person nicht von sich aus an, sondern hängt vom jeweiligen Geschäft ab. Wer z.B. als Freiberufler seinen Gebrauchtwagen bei eBay anbietet, kann als Unternehmer angesehen werden, wenn er den Wagen vorwiegend als Dienstwagen nutzt. Anderenfalls ist er Verbraucher. Bei eBay geben sich Unternehmer häufig nicht als solche zu erkennen. Hier kann sich die Unternehmereigenschaft aus Indizien ergeben, so z.B., wenn die Person als "Powerseller" auftritt, eine große Zahl von Auktionen durchführt oder große Stückzahlen eines Produkts anbietet.

Wichtig: Die folgenden Regeln gelten nur, wenn nur der Verkäufer Unternehmer ist! Sind es beide Parteien (oder sind beide Parteien Verbraucher), gelten die allgemeinen Regeln des BGB (und ggf. des HGB).

4. Fernabsatzgeschäft, §§ 312b ff. BGB

Hat man es als eBay-Käufer mit einem Unternehmer zu tun, handelt es sich "automatisch" um ein sog. FernAbsatzGeschäft. Das ist auch bei Vertragsschlüssen mit anderen Online-Händlern (z.B. Amazon) der Fall. Hier liegt die wichtigste Rechtsfolge im Widerrufsrecht des Käufers, d.h. dieser kann die Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb einer bestimmten Frist zurückgeben/-senden und den Kaufpreis zurückverlangen. Dies gilt jedoch nicht für bestimmte Waren wie z.B. "entsiegelte" Audio- und Software-CDs, Videos, Zeitungen und Zeitschriften.

Die Widerrufsfrist (also die Frist, innerhalb derer der Widerruf erklärt werden muss) beträgt mindestens zwei Wochen. Dies setzt aber voraus, dass der Verkäufer den Käufer ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Tut er das nicht (wie meistens bei einer OnlineAuktion), läuft die Frist länger (siehe § 355 BGB).

Die Kosten für die Rücksendung trägt, auch, wenn dieser das meist anders sieht, der Verkäufer. Nur bei Waren im Wert von weniger als 40 EUR können die Rücksendungskosten vertraglich dem Käufer auferlegt werden (§ 357 Abs. 2 BGB). Liegt also keine entsprechende (und wirksame!) Vereinbarung vor, trägt auf jeden Fall der Verkäufer die Rücksendekosten.

5. Gewährleistung, Verbrauchsgüterkauf

Grundsätzlich stehen dem Käufer die allgemeinen Gewährleistungsrechte der §§ 437 ff. BGB zu. Ebenso grundsätzlich kann der Verkäufer die Gewährleistung (z.B. in der Auktionsbeschreibung) ausschließen - allerdings nur für Mängel, die er nicht arglistig, also vorsätzlich verschwiegen hat (§ 444 BGB).

Ist der Verkäufer allerdings Unternehmer (s.o.), muss er sich nach den Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf richten (§§ 474 ff. BGB). Das heißt, er darf die Gewährleistungsrechte nicht beschränken oder ausschließen und muss eine Garantie von mindestens zwei Jahren (Neuware) bzw. einem Jahr (Gebrauchtware) gewähren. Anderslautende Klauseln sind unwirksam (§ 475 Abs. 1 BGB).

6. Geschäftsabwicklung

Klassischer Problemfall: Der Käufer hat bezahlt (Vorkasse ist z.B. bei eBay üblich), bekommt aber die Ware nicht. Hier sollte man zunächst eine angemessene Nachfrist für die Lieferung setzen (ca. 7 Tage gelten als angemessen), nach Ablauf kann man wg. Schuldnerverzugs vom Vertrag zurücktreten und sein Geld zurückverlangen. Reagiert der Verkäufer nicht, sollte man die Auktionsplattform benachrichtigen und ansonsten den üblichen Rechtsweg beschreiten: MahnBescheid, ZivilKlage, StrafAnzeige (wg. Betrugs, § 263 StGB).

Häufig behauptet der Verkäufer auch, er hätte die Ware schon abgeschickt. Dies muss er jedoch beweisen können, z.B. durch einen Einlieferungsbeleg oder durch Zeugenaussagen. Kann er das nicht, schuldet er nach wie vor die Lieferung. Kann er das Absenden der Ware beweisen, ist der Verkäufer nur "aus dem Schneider", wenn kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt. Dann gilt nämlich § 447 BGB und der Verkäufer wird mit dem Versand der Ware von der sog. Preisgefahr befreit. Im Verbrauchsgüterkauf gilt § 447 jedoch nicht (§ 474 Abs. 2 BGB): Die Preisgefahr des Verkäufers erlischt erst, wenn die Ware beim Käufer ankommt.


KategorieOnlineRecht

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