Inhaltsverzeichnis
1. Der Heranwachsende im JGG
1.1. Grundlagen
Das JGG gilt gemäß § 1 Abs. 1 auch wenn ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht. Heranwachsender ist man zwischen 18 und 21 Jahren. Ab einem Alter von 18 Jahren setzt der Gesetzgeber grundsätzlich eine unbeschränkte Strafmündigkeit voraus, § 3 JGG wird nicht mehr geprüft. Da jedoch die Persönlichkeitsentwicklung auch bei Heranwachsenden noch nicht immer voll abgeschlossen ist, hat man sich in § 105 JGG für eine differenzierende Lösung entschieden. Gleicht der Heranwachsende in seiner Person oder seinem Handeln noch eher einem Jugendlichen soll mit den Mitteln des Jugendstrafrechts erzieherisch auf ihn eingewirkt werden. Ist der Heranwachsende bereits gefestigter (so dass eine erzieherische Maßnahme ohnehin nicht erfolgsversprechend wäre), bestraft man ihn grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des StGB.
Die Rechtsfolgen der §§ 4-8, 9 Nr.1, 10, 11 und 13 bis 32 finden also bei Heranwachsenden Anwendung, wenn die Voraussetzungen von § 105 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 vorliegen.
Auch wenn die Rechtsfolgen des StGB gelten, weil der Heranwachsende wie ein Erwachsener zu behandeln ist, wird jedoch das allg. Strafrecht nach § 106 JGG gemildert.
Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass Heranwachsende, unabhängig von der Verurteilung nach Jugend- oder Erwachsenenrecht, stets vor den Jugendgerichten angeklagt werden. Gemäß § 107 JGG gelten §§ 33-34 Abs. 1 und §§ 35-38 für Heranwachsende entsprechend.
Insgesamt ist also zu bemerken, dass auch wenn § 105 JGG zu bejahen ist, das JGG nicht in vollem Umfang auf Heranwachsende anzuwenden ist, sondern einige Vorschriften von der entsprechenden Anwendung ausdrücklich ausgenommen sind.
1.2. Der § 105 JGG
Die zentrale Norm ist damit der § 105 JGG, der regelt, wann ein Heranwachsender nach JGG oder StGB zu verurteilen ist. Dabei unterscheidet der § 105 JGG zwei Fälle:[[BR|] 1. Die Reifeverzögerung nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG
2. Die jugendtypische Verfehlung nach § 105 Abs. 1 NR. 2 JGG
Da die Erörterung der 1. Alternative einer wesentlich intensiveren Erforschung und Ermittlung der Person des Täters bedarf, bietet es sich an, in der Prüfung zunächst auf § 105 I Nr. 2 einzugehen, der insofern eine Beweiserleichterung für den Richter darstellt, da sich hier wesentlich einfacher eine Entscheidung treffen lässt. Auch hier soll dies daher zuerst besprochen werden:
1.2.1. Die Jugendverfehlung
Eine Jugendverfehlung kennzeichnet sich dadurch, dass in der Art der Tat in den subjektiven Beweggründen des Täters Verhaltensweisen hervortreten, die für jugendliche typisch sind. Das sind also Taten, die aus jugendlicher Unüberlegtheit, aus Leichtsinn, Gruppenzwang oder aus Angeberei oder wegen leichter Manipulierbarkeit begangen werden. Hinsichtlich der Art der Tat sind Verfehlungen gemeint, die sich durch eine unüberlegte Tatverwirklichung kennzeichnen, wie es zum Beispiel häufig beim Fahren ohne Fahrerlaubnis der Fall sein wird, bei leichten Körperverletzungen oder sinnlosen Diebstählen und frisierten Mofas.
1.2.2. Die Reifeverzögerung
Schwieriger ist die Subsumption bei § 105 Abs 1 Nr. 1 JGG. Denn hier muss geklärt werden, ob der Täter in seiner persönlichen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichsteht. Dies setzt natürlich eine umfassende Erforschung und Würdigung der persönlichen Lebensumstände voraus. In der Praxis erledigt dies die Jugendgerichtshilfe. In Prüfungen werden dabei einige Eckpunkte der Lebensführung des jugendlichen vorgegeben.
Problematisch ist dabei sicherlich der Versuch schematisch vorzugehen, besondern wenn es sich um solche etwas angestaubten Listen, wie die Marburger Richtlinien handelt (nachzulesen in der MschrKrim 1955,60). Die damals getroffenen Kategorisierungen treffen auf heutige Heranwachsende und Jugendliche wohl auch nur begrenzt zu. Wichtig ist nämlich eine umfassende Würdigung der Umstände im Einzelfall. Solche Check-Listen möglicher Merkmale sind (ähnlich der Übersichten von Esser/Fritz/Schmidt MschrKrim 91,358) aber doch hilfreich, um sich mal ein Bild zu machen, mit was man in einer entsprechenden Prüfung evtl. argumentieren kann.
Das in der Praxis vor den Jugendgerichten bedeutsamste Merkmal ist sicherlich die Frage, wie der Heranwachsende seine Lebensplanung im Griff hat, also ob er zielstrebig und gewissenhaft eine Berufsausbildung verfolgt oder ob er lustlos in den Tag hineinlebt und den Ernst der Aufgabe sich eine eigene Lebensgrundlage zu schaffen möglicherweise noch gar nicht begriffen hat.
1.3. Unterschiede zum Jugendlichen im JGG
...
1.4. Kriminalpolitisches
...
1.5. Literatur
Esser/Fritz/Schmidt MschrKrim 1991, 358 ff. (zur Reifeverzögerung
- BGHSt 36,37, 39 f. (zu § 105 Abs. Nr. 1)
- BGHSt 12, 116, 118 f. (zur Frage in dubio pro reo bei § 105 JGG)
- Schaffstein/Beulke Jugendstrafrecht § 8 II
- Meier/Rössner/Schöch Jugendstrafrecht § 5 III
- Pruin, Ineke R.: Die Heranwachsendenregelung im deutschen Jugendstrafrecht, Forum Verlag Godesberg 2007
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