Gewalt
Im Sinne der §§ 113 I, 177 I Nr. 1, 240 I, 249 I, 253 I, 255 StGB
Der sog. "klassische Gewaltbegriff"
- Danach war Gewalt dadurch gekennzeichnet, dass der Täter durch körperliche Kraftentfaltung einen Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
vgl. RGSt 56, 87, 88
Problem: Nicht erfasst waren hierbei Fälle, in denen sich der Täter mit geringem eigenen Kraftaufwand erheblicher mechanischer Kräfte oder chemischer Wirkungen bedient (Bsp.: Verabreichung von K.O.-Tropfen).
Der sog. "vergeistigte Gewaltbegriff"
- Danach setzte Gewalt eine - nicht notweniger Weise erhebliche - Kraftentfaltung voraus, die von der Person, gegen die sie unmittelbar oder auch nur mittelbar gerichtet wird, als ein nicht nur seelischer, sondern auch körperlicher Zwang empfunden wird. Als körperlich wird ein Zwang empfunden, wenn das Opfer ihm gar nicht, nur mit erheblicher Kraftenfaltung oder in unzumutbarer Weise begegnen kann.
vgl. BGHSt 23, 46, 54 (sog. "Laepple-Entscheidung"); 23, 126, 127 sowie OLG Köln NJW 1996, 472 m.w.N.
Problem: Hierdurch erfuhr der Gewaltbegriff eine unerträgliche Ausweitung, da auch Handlungen erfasst waren, die ihn gegenüber seinem natürlichen Sprachgebrauch geradezu ins Gegenteil verkehrten (Bsp.: friedlich und rein passiv durchgeführte Sitzblockaden, vgl. dazu näher unten).
Der sog. "traditionell-moderne Gewaltbegriff"
Lang: Danach ist Gewalt jede körperlich wirkende durch die Entfaltung von Kraft oder durch eine physische Einwirkung sonstiger Art, die nach ihrer Zielrichtung, Intensität und Wirkungsweise dazu bestimmt und geeignet ist, die Freiheit der Willensentschließung oder der Willensbetätigung eines anderen aufzuheben oder zu beeinträchtigen.
Mittel: Gewalt ist physische Einwirkung, die zu einem die Freiheit der Willensentschließung oder -betätigung beeinträchtigenden körperlich wirkenden Zwang führt.
Kurz: Gewalt ist der (zumindest auch) physisch vermittelte Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes.vgl. Wessels/Hettinger, BT 1, Rn. 383 m.w.N.
Beispiel: Nach dieser letzten Korrektur des Gewaltbegriffs durch das BVerfG (sog. "2. Sitzblockadenentscheidung": BVerfGE 92, 1, 16 ff.; in Abweichung zur "1. Sitzblockadenentscheidung": BVerfGE 73, 206 ff.) wird allein durch eine Sitzblockade auf einer Straße (zumindest) gegenüber dem ersten Fahrzeug also gerade noch keine Gewalt ausgeübt, da hierbei lediglich ein - rein tatsächlich überwindbares - psychisches Hindernis (siehe LateinVisCompulsiva) bereitet wird. Der BGH bejaht hier jedoch weiterhin eine Nötigung des nachfolgenden Verkehrs, da dieser jedenfalls durch das Blockieren des ersten Fahrzeuges mit absoluter Gewalt (siehe LateinVisAbsoluta) an der Weiterfahrt gehindert werde (sog. "Zweite-Reihe-Rechtsprechung": BGHSt 41, 182, 185 ff. - der erste Fahrer als "Werkzeug" des Täters). Ähnlich nun auch die letzte "Sitzblockadenentscheidung": BVerfGE 104, 92 = NJW 2002, 1031.
Beachte: Die Entscheidungen des BVerfG haben wegen § 31 BVerfGG bindende Wirkung für sämtliche öffentlichen Stellen. Über ihre inhaltliche Reichweite herrscht jedoch in den Einzelheiten weiterhin Streit.
siehe auch DefinitionGewaltGegenEinePerson
- Danach war Gewalt dadurch gekennzeichnet, dass der Täter durch körperliche Kraftentfaltung einen Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
Als HörDefinition vorhanden
- nein
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