Aktenführung ist juristisch so trivial nicht, wie sie prima facie erscheint.
Quod non est in actis, non est in mundo - was nicht in den Akten steht, existiert nicht auf dieser Welt (JuristenLatein): Dieser Grundsatz ironisiert die blinde Aktengläubigkeit. Umgekehrt gilt in den deutschen Amtsstuben eine völlig unironische Regel: Was immer in Behörden geschieht, muss sich in den Akten lückenlos wiederfinden. Für die Führung von Akten gilt der Grundsatz der Wesentlichkeit und der Vollständigkeit. Im Prinzip muss sich jede Rücksprache, jedes Telefongespräch, jede Anordnung in den Akten widerspiegeln. So schreibt der große Lehrer des deutschen Verwaltungsrechts Hans J. Wolff in seinem Lehrbuch: "Kurzes mündliches, insbes. fernmündliches Vorbringen sowie amtliche Wahrnehmungen und Umstände, die für die Bearbeitung der Sache von Bedeutung sind, ferner mündlich erteilte Belehrungen, Anforderungen und Anordnungen sind, damit sie jedem anderen Sachbearbeiter bekannt werden, in einem Aktenvermerk mit Datum und Namenszeichen (Paraphe) kurz aufzunehmen." In der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, Allgemeiner Teil dekretiert der Paragraph 32: "Über die aus den Akten nicht ohne weiteres ersichtlichen Besprechungen oder Ferngespräche und über andere Ereignisse und Gesichtspunkte, die die Bearbeitung beeinflussen können, sind Aktenvermerke aufzunehmen. Der Stand einer Sache muss jederzeit aus den Akten vollständig ersichtlich sein."
Das schrieb Robert Leicht im Jahr 2000 in der ZEIT aus Anlass der umstrittenen Aktenvernichtungen und Datenlöschungen ("Bundeslöschtage") am Ende der Ära Kohl.
Über die Ansicht von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht über die Vollständigkeit der Aktenführung unterrichtet ein Beitrag im WebLog ARCHIVALIA
Über die rechtsstaatliche Aktenführung und ihre Bedeutung, insbesondere auch für Gerichtsverfahren unterrichtet Akten in der Verwaltung - Grundprinzipien und Bedeutung rechtsstaatlicher Aktenführung.