Begriffliches
Strafvollzug ist die Art und Weise der Durchführung freiheitsentziehender Kriminalsanktionen in einer Straf- oder Verwahranstalt.
Die Rechtsgrundlage ist für Erwachsene das StVollzG, das ursprünglich auch für Jugendliche/Heranwachsende herangezogen wurde. Das BVerfG aber hat am 31.5.2006 entschieden, dass dies dem Vorbehalt des Gesetzes widersprochen hat, so dass bis Ende 2007 für Jugendliche/Heranwachsende eine eigene gesetzliche Grundlage geschaffen werden musste. Aufgrund der Föderalismusreform ist dies aber inzwischen Länderhoheit, so dass jedes Bundesland ein eigenes Jugendstrafvollzugsgesetz schaffen musste.
Zu Unterscheiden ist der Strafvollzug strikt von der Strafvollstreckung, die noch zum Strafprozeß ((§§ 449 - 463d StPO) gehört, somit die Untersuchungshaft (§ 112 StPO), der Jugendarrest (§ 16 JGG), die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe (§ 56 StGB) und die Geldstrafe (§ 40 StGB)
Geschichtliches
In der Geschichte des Strafvollzug ist das "Amsterdamer Modell" und speziell das "Amsterdamer Spinnhaus" zu erwähnen: Dieses Modell entstand im späten 16. Jahrhundert und war geprägt vom Gedanken der Resozialisierung. Mit dem Amsterdamer Spinnhaus (gegründet 1597) entstand dabei erstmals eine Anstalt nur für Frauen. Hintergründe zum "Amsterdamer Spinnhaus" findet man in Der Bürger und die Hure ab Seite 110. Der Gedanke (dhaer auch der Name) war weniger die reine Bestrafung als vielmehr der Weg hin zu mehr "Disziplin" in dem die Frauen durch Zwangsarbeit (am Spinnrad) genötigt wurden. Bekannt zusammen mit dem Amsterdamer Spinnhaus ist das Motto von P.C.Hooft, das wie folgt lautet:
- "Erschrecke nicht. Ich räche nichts böses, sondern zwinge zum Guten. Streng ist meine Hand, aber liebevoll mein Herz."
Gesetz
Strafvollzugsgesetz (StVollzG)
Urteile
BVerfG (2 BvR 727/94): Hafträume in einer Justizvollzugsanstalt sind nicht vom Schutzbereich des Art. 13 GG umfasst. Das Betreten der Hafträume (von Strafgefangenen) durch Bedienstete der JVA ohne vorheriges Anklopfen verletzt wegen der „Vorwarnung“ durch die Aufschließ-Geräusche nicht die Privat- und Intimsphäre der Gefangenen.
- BVerfG (2 BvR 1276/92) = JuS 1995, S.68: Die Grenze der Anwendung des §31 StVollzG darf nicht so angewendet werden, dass im Ergebnis eine Zensur erreicht wird.
BVerfG (2 BvR 1951/96): Zur Lockerung des Strafvollzugs
- BVerfGE 64,261: Zur Berücksichtigung weiterer Kriterien beim Ermessen neben der Resozialisierung, namentlich schwere der Schuld und positive Generalprävention
BGHSt 44, 138: Abhören im JVA-Besuchsraum
BVerfGE 33, 1: Auch die Grundrechte von Strafgefangenen können nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Eine Einschränkung der Grundrechte des Strafgefangenen kommt nur in Betracht, wenn sie zur Erreichung eines von der Wertordnung des Grundgesetzes gedeckten gemeinschaftsbezogenen Zweckes unerläßlich ist.
- BGH (5 AR Vollz 39/90): Die Anordnung an Strafgefangene im geschlossenen Vollzug, den Sichtspion an der Tür ihres Haftraumes freizuhalten, bedarf einer Einzelfallprüfung.
- BGH (2 StR 670/96) = JuS 1997, S.1047: Strafvollzugsbeamte eine JVA begehen keine Strafvereitelung durch Unterlassen, wenn sie Straftaten, die Anstaltsbedienstete an gefangenen verübt haben, nicht bei den Strafverfolgungsbehörden anzeigen.
Links
Podknast - PodCast aus dem Knast (vgl. LAWgical vom 24.04.08)
Justizvollzug in Bayern - Breitgefächertes umfassendes Angebot über den Strafvollzug in Bayern u.a. mit Übersichten zu allen Anstalten und Wegweiser für Angehörige.
Knast.Net - viele Informationen rund um's Thema Strafvollzug. - Habe im Rahmen der ÖffentlichkeitsArbeit am 18.10.02 versucht, einen Leserbrief dorthin zu schreiben. Hat aber offenbar nicht geklappt. War außerdem "Link der Woche" beim JIPS.
Artikel aus der FR vom 22.11.02 "E-Mail nach draußen": Ein Internetprojekt in einem Gefängnis in Straßburg ermöglicht via E-Mail den Dialog der Öffentlichkeit mit den Gefangenen.
Hier der Link zur site officiel de la Maison d'Arrêt de Strasbourg
Außerdem ist erwähnt, in Deutschland sei Berlin-Tegel Vorreiter mit einem ähnlichen Projekt.
Strafvollzugsarchiv an der Universität Bremen: Seit 1983 werden unter diesem Namen an der Universität Bremen Materialien zum Gefängniswesen gesammelt. Dabei handelt es sich vor allem um GesetzgebungsMaterialien, RechtSprechung, Sekundärliteratur (Bücher, Aufsätze, Graue_Literatur) und Gefangenenzeitungen.
Walter: Überrepräsentation von Minderheiten im Jugendstrafvollzug
Bücher
Das Statistischen Bundesamtes hat einen eigenen Seitenbereich zum Thema Strafverfolgung mit statistischen Daten. Im Jahr 2006 gab es etwa 24000 in Untersuchungshaft sowie ca. 65.000 Strafgefangene.
Die Gefangenenziffer (Gefangene pro 100.000 Bewohner) in Deutschland betrug:
- im Jahr 2002: 96 (davon 22 in U-Haft) (USA: 700; Russland: 671).
- im Jahr 2006: 95 (Russland: 611).
Die niedrigste Rate innerhalb der großen Industirenationen wies angeblich Japan (45) auf (Kaiser/Schöch, Strafvollzug, 5. Auflage, S. 100, Rn. 16). Die niedrigste Zahl überhaupt kann Liechtenstein mit 29 im Jahr 2006 vorweisen.
Bei den verhängten Freiheitsstrafen stellt sich die tatsächliche Vollzugsdauer im Jahr 2007 für insgesamt 55311 Inhaftierte wie folgt dar:
- 15037 (27,2%) = bis 6 Monate
- 10344 (18,7%) = 6 bis 12 Monate
- 9801 (17,7%) = 1 bis 2 Jahre
- 14175 (25,6%) = 2 bis 5 Jahre
- 5954 (10,8%) = 5 bis 15 Jahre
Die Gefangenen haben sich am 30.11.2007 wie folgt eingeteilt:
- Freiheitsstrafe = 51870 (71,4%)
- Untersuchungshaft = 12357 (17,0%)
- Jugendstrafe = 6091 (8,4%)
- Sonstige Freiheitsentziehung (Abschiebehaft, Sicherungsverwahrung etc.) = 2338 (3,2%)
siehe auch ElektronischeFußFessel, SicherungsVerwahrung