Parteiwechsel/Parteiänderung
Definition
Ein Parteiwechsel/eine Parteiänderung liegt vor, wenn nach Klageerhebung eine neue Partei anstelle einer ausscheidenden Partei in den Rechtsstreit eintritt.
Abgrenzung
Der Parteiwechsel ist von der bloßen Berichtigung einer Falschbezeichnung der Partei ("Änderung oder Berichtigung des Rubrums") zu unterscheiden, die ohne besondere Voraussetzung zulässig ist und vAw vorzunehmen ist. Bei der Rubrumsberichtigung wird die Identität der Parteien gewahrt, wohingegen bei dem Parteiwechsel eine andere Partei zum Rechtsstreit hinzutritt.
A. Parteiwechsel kraft Gesetzes
I. Fälle
- Vgl. §§ 75 bis 77 ZPO
- §§ 239 ff. ZPO, Gesamtrechtsnachfolge
- §§ 265 f. ZPO
II. Rechtsfolgen
Die neue Partei tritt in den Rechtsstreit ein, wie dieser im Zeitpunkt des Parteiwechsels vorgelegen hat.
B. Gewillkürter Parteiwechsel (im ersten Rechtszug)
I. Parteiwechsel auf der Beklagtenseite
D.h. der Kläger beantragt den Wechsel des Beklagten
1. Voraussetzungen
- Parteiwechselerklärung des Klägers b. Zustellung eines Schriftsatzes nach Anforderungen gem. § 253 II Nr. 2 ZPO analog c. Zustimmung des Beklagten: Unterscheide
aa. Erklärung des Parteiwechsels vor der ersten mündlichen Verhandlung:
- aaa. Ausscheiden des bisherigen Beklagten gem. § 269 I ZPO, auch ohne Zustimmung des Bekl. bbb. Einbeziehung des neuen Beklagten in den Rechtsstreit gem. §§ 263, 267 ZPO analog; wenn der neue Beklagte nicht zustimmt ist zu prüfen, ob der Parteiwechsel sachdienlich ist, § 263 ZPO
- Sachdienlichkeit (+), wenn und soweit die Zulassung der Klageänderung den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und sich ein weiterer Prozess vermeiden lässt. (Prozesswirtschaftlichkeit) Maßgeblich sind nicht die subjektiven Interessen der Parteien. Unschädlich, wenn durch Einbeziehung des neuen Beklagten neue Parteierklärungen und Beweiserhebungen notwendig werden und die Erledigung des Prozesses sich verzögert.
- Wenn Sachdienlichkeit (-), dann wird die Klage gegen den neuen Beklagten als unzulässig abgewiesen
bb. Erklärung nach der ersten mündlichen Verhandlung
- aaa. Ausscheiden des bisherigen Beklagten: gem. § 269 I ZPO bedarf die Klagerücknahme der Zustimmung des bisherigen Beklagten
- Notfrist von 2 Wochen für die Einwilligung, danach gilt sie als erteilt, falls darauf hingewiesen wurde § 269 II S.4 ZPO
- bei Verweigerung der Zustimmung bleibt der bisherige Beklagte Partei des Rechtsstreits
- aaa. Ausscheiden des bisherigen Beklagten gem. § 269 I ZPO, auch ohne Zustimmung des Bekl. bbb. Einbeziehung des neuen Beklagten in den Rechtsstreit gem. §§ 263, 267 ZPO analog; wenn der neue Beklagte nicht zustimmt ist zu prüfen, ob der Parteiwechsel sachdienlich ist, § 263 ZPO
2. Wirkung
- Der neue Beklagte muss den Rechtsstreit übernehmen, wie er ihn vorfindet, str.
- a. A.: Bindung an den bisherigen Prozessverlauf nur, wenn er dem Parteiwechsel zugestimmt hat oder den Rechtsstreit rügelos fortsetzt
II. Parteiwechsel auf der Klägerseite
Voraussetzungen
- Parteiwechselerklärungen des bisherigen und neuen Klägers
- Zustellung an den Beklagten
- Einwilligung des bisherigen und neuen Klägers
- Zustimmung des Beklagten: str.
- Rspr.: Klägerwechsel wie eine Klageänderung (§ 263 ZPO) zu behandeln, d. h. Wechsel zulässig bei Zustimmung oder wenn sachdienlich b. a. A.: Ausscheiden des Klägers = Klagerücknahme gem. § 269 I ZPO; Eintritt des neuen Klägers = Klageänderung analog § 263 ZPO
Vor der ersten mündlichen Verhandlung
- Ausscheiden des bisherigen Klägers: analog § 269 I ZPO, auch ohne Zustimmung
- Eintritt des neuen Klägers: (+), wenn Zustimmung des Beklagten oder Sachdienlichkeit, § 263 ZPO analog
Nach der ersten mündlichen Verhandlung
- Ausscheiden des bisherigen Klägers (-), wenn keine Zustimmung, analog § 269 I ZPO; er bleibt Partei
- Eintritt des neuen Klägers, wenn § 263 ZPO; dann tritt er neben den bisherigen Kläger
- Rspr.: Klägerwechsel wie eine Klageänderung (§ 263 ZPO) zu behandeln, d. h. Wechsel zulässig bei Zustimmung oder wenn sachdienlich b. a. A.: Ausscheiden des Klägers = Klagerücknahme gem. § 269 I ZPO; Eintritt des neuen Klägers = Klageänderung analog § 263 ZPO
C. Gewillkürter Parteiwechsel (im zweiten Rechtszug)
- Rspr.: Zustimmung des bisherigen und neuen Beklagten erforderlich, § 269 I BGB analog; Grund: dem neuen Beklagten wird eine Tatsacheninstanz genommen!
- Nur ausnahmsweise Zustimmung des neuen Beklagten entbehrlich, wenn sie rechtsmissbräuchlich verweigert wird