1. Konkurrenzen
Inhaltsverzeichnis
Bei der Konkurrenz geht es um die StrafZumessung in Fällen, in denen der Täter durch eine oder mehrere Handlungen verschiedene Straftatbestände oder einen Straftatbestand mehrfach verwirklicht. Dabei können zwei Grundfälle auftreten:
Unechte Konkurrenz: mehrere Deliktsformulierungen konkurrieren um die Bestimmung des Unrechts (Gesetzeskonkurrenz)
Echte Konkurrenz: Hier stehen zwei Tatbestände nebeneinander und es stellt sich die Frage, wie sich das auf die Strafzumessung auswirkt. Man unterscheidet:
Idealkonkurrenz (Tateinheit): Dieselbe Handlung verletzt mehrere Strafgesetze (= ungleichartige Idealkonkurrenz) oder dasselbe Strafgesetz mehrfach (gleichartige Idealkonkurrenz)
Realkonkurrenz (Tatmehrheit): mehrere Handlungen
Im einzelnen:
1.1. Tateinheit (Idealkonkurrenz)
§ 52 StGB: liegt vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze (ungleicheartige) oder dasselbe mehrmals (gleichartige) verletzt.
Folge:
- § 52 I StGB: Es wird nur auf eine Straf erkannt. Diese bestimmt sich nach dem Gesetz, welche die schwerste Strafe androht, § 52 II S. 1 StGB, und darf nicht milder sein, als die anderen Gesetze es zulassen, § 52 II S. 2 StGB.
1.1.1. Handlungseinheit
1.1.1.1. Eine Handlung im natürlichen Sinne
Eine Handlung im natürlichen Sinn liegt vor, wenn eine Willensentschließung zu einer Handlung führt.
Bsp:
A wirft einen Sprengsatz in eine Menge. Folgen sind §§ 223, 212, 303, etc StGB.
OffeneFrage: Wie war das nochmal bei dem Anschlag auf das World Trade Center? Müsste dann ja auch Tateinheit sein.
- Bei 2 Flugzeugen und 2 Wolkenkratzern mindestens 2 Handlungen, oder?
- Ich meinte eigentlich, weil immer gesagt wird "Mord in 2000 Fällen". Müsste doch eigentlich durch eine, bzw zwei Handlungen sein.
Antwort: Tateinheit wird nicht angenommen bei der Verletzung von höchstpersönlichen Rechtsgütern, wie zB das Leben. Hinweis von Jens zur "Antwort": Das ist falsch, die Höchstpersönlichkeit von Rechtsgütern hindert nicht an der Tateinheit (siehe Jescheck §66 III sowie BGHSt 1, 20, 22).
1.1.1.2. natürliche Handlungseinheit
Eine natürliche Handlungseinheit liegt vor, wenn mehrere Tätigkeitsakte auf einem einheitlichen Willenentschluss beruhen und innerhalb desselben Vorganges den gleichen Straftatbestand in unmittelbarer Aufeinanderfolge schrittweise oder wiederholt verwirklichen, also nur eine quantitative Steigerung des einheitlichen Unrechts in bestimmten Tatsituationen bewirken.
1.1.1.2.1. sukzessive Tatbestandstverwirklichung
Die schrittweise Verwirklichung eines Tatbestandes: T schlägt auf den O ein, würgt ihn, tritt ihn, um ihn zu töten. Ein einziger, schrittweiser verwirkter Verstoss gegen den § 212 StGB.
1.1.1.2.2. iterative Tatbestandsverwirklichung
T bricht ein und stiehlt in dem Haus mehrere Gegenstände. Eigentlich § 242 StGB mehrmals erfüllt, jedoch als einmal mit gesteigerten Unrechtsgehalt anzusehen.
1.1.1.3. rechtliche Handlungseinheit
Eine rechtliche Handlungseinheit liegt vor, wenn der gesetzliche Tatbestand mehrere natürliche Willensbetätigungen zu einer rechtlich-sozialen Bewertungseinheit verbindet. Dieses ist der Fall bei
1.1.1.4. fortgesetzte Handlung
Voraussetzungen:
- Einzelakte gegen das gleiche Rechtsgut
- gleichartige Begehungsweise
- "Gesamtvorsatz"
Achtung: Seit BGHSt 40, 138 ist die fortgesetzte Handlung aufgegeben. Dies gilt auch für das Ordnungswidrigkeitenrecht
1.2. Gesetzeseinheit
1.2.1. Spezialität
Spezialität ist gegeben, wenn eine Strafvorschrift begriffsnotwendig alle Merkmale der anderen enthält.
- qualifizierende und privilegierende Abwandlungen
Anwandlungen eigener Art: § 249 StGB = § 240 StGB + § 242 StGB
1.2.2. Subsidiarität
Subsidiarität ist gegeben, wenn eine Strafvorschrift nur hilfsweise angewendet werden soll. Es gibt sie
- aus Sinnzusammenhang, insbesondere Gefährdungs-/Verletzungsdelikt, Teilnahme/Täterschaft, Versuch/Vollendung
1.2.3. Konsumtion
Konsumtion liegt vor, wenn ein Straftatbestand in einem anderen nicht notwendig enthalten ist, aber regelmäßig und typischerweise mit ihr zusammentrifft. (Sehr umstritten)
1.2.4. mitbestrafte Vor- und Nachtat
Bsp Vortat: § 30 StGB: Verbrechensverabredung
- Bsp Nachtat: Veräußerung der gestohlenden Sache
1.3. Tatmehrheit (Realkonkurrenz)
§ 53 StGB: Es wurden mehrere Straftaten begangen, welche gleichzeitig abgeurteilt werden.
Folge:
§ 53 I StGB: Gesamtstrafe:
§ 54 StGB: Die Gesamtstrafe wird durch die Erhöhung der der verwirkten höchsten Strafe, bzw bei Strafen verschiedener Arten durch die Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet.