Inhaltsverzeichnis
1. Kinderpornographie in Second Life
Bereits am 21.02.07 berichtete die Netzeitung, dass die niederländische Staatsanwaltschaft wegen animaler Pornografie im Onlinespiel «Second Life» ermittelt, siehe hierzu etwa auch Das interessiert doch wieder keine Sau… vom 06.03.07.
So richtig in Schwung kam das Thema aber erst mit dem Beitrag von "Report Mainz" am 07.05.07, siehe hierzu LAWgical vom 10.05.07: Die Reportage zeigte zwei verschiedene Szenarien mit kinderpornografischem Bezug auf: Zum einen das so genannte "Age Play" und zum anderen den Handel mit "realer" Kinderpornografie.
Zwischenzeitlich, so die aktuelle Ausgabe des Ava Star wurde Age Play in Second Life verboten. Die Berichte in dieser "Zeitschrift" vermischen auch hier die beiden Fragen, so dass sich für einen unjuristischen Leser die Verschiedenartigkeit der beiden Alternativen nicht aufdängt.
In der juristischen Fachliteratur angekommen ist das Problem mit dem Beitrag von Kristina Hopf und Birgit Braml: Virtuelle Kinderpornographie vor dem Hintergrund des Online-Spiels Second Life, erschienen in der ZUM 2007, S. 354 ff.
OffeneFrage: Sollte man nicht auch mal einen Beitrag zur allgemeinen Strafbarkeit für den Ava Star schreiben?
Keine Frage: Das ganze ist widerlich. Uns interessiert hier im Rahmen des SecondLifeRecht aber vor allem die juristische Sicht der Dinge.
1.1. Rechtslage
Wie sieht das nun genau aus mit der Strafbarkeit? Einschlägig ist der auch in dem Report-Beitrag genannte § 184 b StGB.
Die nachfolgenden Informationen sind noch etwas mit Vorsicht zu genießen, da noch einiges nicht geklärt ist. Wer etwas dazu beitragen kann, ist herzlich eingeladen: Einfach auf "Editieren" klicken!
Wir sollten das mal sauber durchprüfen:
1.1.1. Strafbarkeit des Handels mit kinderpornographischen Fotos in Second Life
Auf den Handel mit kinderpornographischen (Digital-) Fotos in Second Life passt der § 184 b StGB genau:
- (1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die den sexuellen Missbrauch von Kindern (§§ 176 bis 176b) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),
- verbreitet,
Sexueller Missbrauch von Kindern liegt gem. § 176 StGB dann vor, wenn jegliche Art sexueller Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vorgenommen werden oder vom Kind vorgenommen werden lassen.
§ 11 StGB
- (3) Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen Absatz verweisen.
siehe auch §§ 176, 176 a und 176 b StGB
Es ist also ganz egal, ob man die Fotos bei ebay, einer Tupperparty oder eben in Second Life verkauft. Wobei man das doch mal sauber durchprüfen müsste. OffeneFrage: Welche Rolle spielt denn dann der § 184 b StGB?
Kann man die Frage präzisieren? Ist wirklich § 184 b gemeint?
- Nach den §§ 184 bis 184b wird auch bestraft, wer eine pornographische Darbietung durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet. In den Fällen des § 184 Abs. 1 ist Satz 1 bei einer Verbreitung durch Medien- oder Teledienste nicht anzuwenden, wenn durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass die pornographische Darbietung Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich ist.
1.1.2. Strafbarkeit des "Age Play" in Second Life
Was aber ist mit der Strafbarkeit des "Age Play" (siehe hierzu schon den o. g. LAWgical-Beitrag).
Wenn bei einem Paar der eine Partner sagen wir 18 Jahre alt ist und sich jünger macht als er ist, also z. B. einen auf 13 macht, so ist das strafrechtlich nicht zu beanstanden. Nichts anderes dürfte gelten, wenn die beiden den Sex nicht real praktizieren, sondern nur am Computer simulieren.
1.1.2.1. § 184 b I StGB
OffeneFrage: Erfasst der Abs. 1 auch die "Fiktivpornografie"? Umkehrschluss zu Abs. 2?
- Diese Frage wird in dem oben genannten ZUM-Artikel beantwortet. Nach Meinung der Autoren lautet die Antwort "ja", allerdings ist dies wohl nicht die einhellige Meinung..
1.1.2.2. § 184 b II StGB
Allerdings bestimmt § 184 b II StGB:
- (2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
Wird also in unserem Beispiel ein Foto von dem Paar erstellt, so darf dies nicht weitergegeben werden, wenn das Geschehen "wirklichkeitsnah" ist, wenn also der eine Partner tatsächlich aussieht wie 13.
Problematisch ist nun, dass sich für Dritte, die die beiden bei der Simulation in Second Life beobachten, die Szene als kinderpornographischen Schrift i. S. d. § 184 b II i. V. m. § 11 III StGB darstellen könnte, die ein wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt. Dass die Szene nicht "wirklich" ist, ist offensichtlich. Es kommt also darauf an, welche Maßstäbe an die Wirklichkeitsnähe gelegt werden.
Laut Lenckner/Perron in Schönke/Schröder § 184b Rn. 11 (27. Auflage 2006) erfasst die Vorschrift nur „Realpornographie“, nicht hingegen als solche erkennbare „Fiktivpornographie“ in Gestalt von Zeichentrickfilmen usw. Begründet wird dies damit, dass deren Entstehung regelmäßig nicht mit einem tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern verbunden sei, wobei verwiesen wird auf BT-Drs. 12/4883 S. 8 und BGH 43 369 f.; zur ursprünglich vorgesehenen Einbeziehung auch der „Fiktivpronografie“ wird verwiesen auf BT-Drs. 12/3001 S. 3, 5 u. zu den Gründen für die jetzige Fassung auf BT-Drs. 12/4883 S. 8, 13/7385 S. 60, 72, 13/7934 S. 4).
ToDo: BGH-Entscheidung verlinken (ist offensichtlich nicht frei verfügbar)
Weiter heißt es1, die Vorschrift sei restriktiv auszulegen, da zwischen Wirklichkeitsnähe und Wirklichkeitsferne keine klare Grenze gezogen werden könne und die Erfassung auch fiktiver Darstellungen nur der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten diene. Wirklichkeitsnah sei ein Geschehen nur dann, wenn ein durchschnittlicher, nicht sachverständiger Beobachter nicht sicher ausschließen könne, dass es sich um ein tatsächliches Geschehen handele2.
Demnach handelt es sich bei den klar als Computeranimation erkennbaren Szenen nicht um eine wirklichkeitsnahe Darstellung. Eine Strafbarkeit nach § 184 b II StGB scheidet damit aus.
1.1.2.3. Jugendschutz
Möglicherweise sind aber Vorschriften des JugendSchutzes betroffen, wenn Jugendliche Nutzer mit solchen Darstellungen konfrontiert werden.
ToDo: Entsprechende Vorschriften raussuchen und prüfen
Wie wär's z. B. mit § 184 c StGB?
Hier gibt es schon einen Beitrag zur allgmeinen Strafbarkeit. Interview mit Stephan Mathé in der Netzzeitung http://www.netzeitung.de/internet/560219.html
Sie auch § 4 Abs. 2 Satz 1 JMStV, vgl. http://www.medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=676
Ralf Sander schreibt (Wann ist ein Kind ein Kind? Kinderpornografie in "Second Life", stern.de vom 10.05.07) unter der Zwischenüberschrift "Kann man Avatare missbrauchen?":
Dieser Fall berührt mehrere juristische Probleme: Sind Sexdarstellungen mit künstlichen Wesen, von denen eines kindlich aussieht, als Kinderpornografie zu bezeichnen und damit strafbar? "Eindeutig ja.
Ganz so eindeutig ist das dann aber doch nicht, denn das Zitat geht weiter:
" Der Tatbestand der Kinderpornografie kann auch durch Fantasiedarstellungen erfüllt werden", sagt Andreas Lober, Rechtsanwalt und Experte für IT-Recht und Jugendschutz zu stern.de.
Kein Wort von der Wirklichkeitsnähe. Und weiter:
Kann man von Kindesmissbrauch sprechen, wenn kein reales Kind beteiligt war? Lober: "Ein Kindesmissbrauch könnte höchstens vorliegen, wenn der kindlich aussehende Avatar von einem Kind - also einer Person unter 14 Jahren - gesteuert wird. Das Strafgesetz schützt Kinder - nicht Avatare."
Das ist dann aber eigentlich nicht der Fall, der aufgrund des Report-Mainz-Beitrages diskutiert wurde.
Voraussetzung wäre aber, erklärt der Anwalt weiter, dass man die Handlung zwischen zwei Avataren als "sexuelle Handlung" ansehen würde, wozu es bisher keine Rechtsprechung gebe. Anders wäre der Fall, wenn einer der Avatare tatsächlich von einem Kind gesteuert würde. "Hier könnte man - Vorsatz vorausgesetzt - tatsächlich einen Fall von Kindesmissbrauch annehmen.", so Lober.
Ich schreibe derzeit eine Seminararbeit über Kinderpornografie in Second Life. Nach meinem derzeitigen Stand ist das Age Play wenn es "live" aufgeführt ist strafbar nach § 184b in Verbindung mit 184c StGB. Dem entgegen wird das Versenden von Age Play Bildern wohl nicht strafbar sein, je nachdem welcher Definition man dem Verbreiten nach 184b Abs 1 Nr.1 folgt. Geht man davon aus, dass AGE Play, wie oben dargestellt kein wirklichkeitsnahes Geschehen darstellt (ist auch die überwiegende Ansicht in der Literatur), und nimmt man kein Verbreiten an, sowie die (wohl zurecht) zutreffende Ansicht, dass der Austausch in über SL in einer geschlossenen Benutzergruppe stattfindet, so ist eine Strafbarkeit dür das Versenden von Age Play Bildern wohl straflos! Wenn ich die Arbeit fertig habe kann ich sie auch gerne mal hier reinstellen, dann könnt ihr die ganze Problematik selbst durchlesen (40 Seiten hier mal in 2 Sätzen zu erklären wird schwer fallen
2. Weblinks
Hendrik Wieduwilt, 13jährige virtuell zerstückelt, vergewaltigt - und Strafrecht hilft nicht?, RechtReal vom 21.01.08
Anja Assion, Kinderpornographie in virtuellen Welten?, Telemedicus vom 11.01.08
Hendrik Wieduwilt, Kinderporno ohne Opfer oder strafbares Spiel? "Age Play" in Second Life, RechtReal vom 06.01.08
Die FAZ zum Thema Kinderpornografie in Second Life, _notizen aus der provinz vom 12.05.07
- Fußnoten: